Neue Impulse und alte Bekannte – der Literaturherbst in der Bibliothek rosa Winkel

Aktuelles | | Lesezeit: 3 min

Mit „Einer sucht den Freund & andere Texte“ erscheint in unserer historischen Buchreihe erstmals ein Band, der sich intensiv mit dem Werk von Schriftsteller Hugo Marcus beschäftigt. Und mit der Neuauflage von John Henry Mackays „Der Puppenjunge“ ist endlich wieder ein beliebter Klassiker in der Bibliothek rosa Winkel erhältlich, der lange vergriffen war. .

Hugo Marcus: Einer sucht den Freund und andere Texte

Hugo Marcus (1880 – 1966) wurde von der Neuen Zürcher Zeitung nicht umsonst zu einer der „schillerndsten Figuren der Zwischenkriegszeit“ erklärt. Historiker Marc David Baer charakterisierte den Schriftsteller und Philosoph in einer 2020 erschienenen Biografie lakonisch als „German, Jewish, Muslim, Gay“. Diese vier Attribute fassen Marcus‘ facettenreiche Persönlichkeit gut zusammen. Anfang des 20. Jahrhunderts setzte er sich mit Magnus Hirschfeld und Kurt Hiller für die Rechte Homosexueller ein, später konvertierte er als Nachkomme einer jüdischen Industriellenfamilie zum Islam. Er war auch an der ersten deutschen Koranübersetzung unter muslimischer Leitung beteiligt. Bei aller politischen Intellektualität war Marcus aber auch ein Träumer, der sich in seinen (oft unter dem Pseudonym Hans Alienus erschienenen) Romanen sein Leben lang am Ideal der ewigen Freundschaft abarbeitete.

Das nun in der Bibliothek rosa Winkel erschienene Lesebuch „Einer sucht den Freund & andere Texte“ zollt sowohl dem scharfsinnigen Denker als auch dem Romantiker Tribut. Neben Marcus‘ nahezu vollständigem literarischen Werk versammelt der Band Texte über Hirschfeld, Goethe und Georg Simmel sowie Aufsätze über die Harmonisierung des Islam mit der Europäischen Geistesgeschichte und die „Ontologie der Demokratie“. So ist der Band ist eine umfassende Annäherung an eine Schriftstellerpersönlichkeit, deren Widersprüche, Gedanken und Sehnsüchte heute noch genauso faszinieren wie zu ihren Lebzeiten – also unbedingt eine Wiederentdeckung lohnen.

John Henry Mackay: Der Puppenjunge

„Der Puppenjunge – Die Geschichte einer namenlosen Liebe aus der Friedrichstraße“ erschien erstmals 1926. John Henry Mackay (1864 – 1933), der deutsche Autor mit dem englischen Namen, veröffentlichte den Roman zunächst unter seinem Pseudonym „Sagitta“, das er auch bei Texten in der ersten Homosexuellenzeitschrift der Welt „Der Eigene“ und bei der Publikation seiner „Bücher der namenlosen Liebe“. verwendete. Inzwischen ist der Roman aber längst ein Klassiker, der ganz offziell John Henry Mackay zugeschrieben und in dieser Neuauflage auch unter diesem Namen veröffentlicht wird.

Der Roman schildert ein Jahr im Leben des 15-jährigen Ausreißers Günther, der beginnt, als Strichjunge zu arbeiten. Erzählt wird aus der Sicht des Buchhändlers Hermann Graff, der sich in Günther verliebt und sich durch die daraus erwachsenden Schwierigkeiten – für Günther ist er nicht mehr als ein Freier – zunehmend über seine sexuellen Neigungen klarer wird.

Magnus Hirschfeld lobte an dem Roman die „formvollendete Sprache“ und den „tiefen psychologischen Gehalt“, Christopher Isherwood bekannte noch 1985 beim Erscheinen der englischen Übersetzung, er habe das Buch „immer sehr geliebt“, weil er trotz manch melodramatischer Übersteigerung ein authentisches Bild der sexuellen Unterwelt Berlins zeichne. Tatsächlich kannte John Henry Mackay, der ab 1892 in Berlin lebte, die Welt, die er in „Der Puppenjunge“ beschrieb, aus eigener Erfahrung. Dank der Neuauflage ist sie endlich wieder der breiten Öffentlichkeit zugänglich.

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